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29. Juli 2009

Schweigespirale

Die „Schweigespirale“ (nach Noelle-Neumann) beruht im Prinzip auf der natürlichen Isolationsangst und der quasi-statistischen Witterung der Menschen. Die Theorie lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Menschen empfinden Isolationsfurcht und haben eine natürliche Scheu, von ihrer Umgebung zurückgewiesen zu werden. Sie beobachten deshalb das Verhalten ihrer Umwelt und registrieren aufmerksam, welche Meinungen und Verhaltensweisen in der Öffentlichkeit gebilligt werden und welche nicht.

Da die meisten Menschen Isolation scheuen, neigen sie dazu, sich mit öffentlichen Äußerungen zurückzuhalten, wenn sie merken, dass sie mit
ihrer Meinung empörten Widerspruch, Lachen, Verachtung oder ähnliche Isolationsdrohungen auf sich ziehen. Umgekehrt werden diejenigen, die mit ihrer Meinung Beifall finden, diese ohne Furcht und gegebenenfalls laut vertreten. Dadurch verstärken sie zugleich die Isolationsdrohung gegenüber den Anhängern der Gegenposition. Ein Spiralprozess setzt ein, der dazu führt, dass das eine Meinungslager immer lauter und selbstbewusster wird und das andere mehr oder weniger verstummt.
Dieser Prozess ist nicht immer und überall anzutreffen, sondern nur bei Themen, die eine starke moralische Aufladung besitzen, also bei denen Ideologie und Emotionen im Spiel sind. Ohne moralische Begründung kommt der Prozess der öffentlichen Meinung nicht in Gang. Wer anders denkt, ist nicht dumm, sondern schlecht. Aus dem moralischen Element zieht die öffentliche Meinung ihre Kraft, ihre Isolationsdrohung, welche die Schweigespirale in Gang setzt.

Wichtig: Der Gegenstand, an dem sich die Schweigespirale entzündet, muss kontrovers sein. Themen, bei denen nicht nur scheinbar, sondern auch in der Sache Konsens in der Gesellschaft herrscht, so dass kein Streit entsteht, bieten keinen Raum für eine Schweigespirale. Deshalb kann bei der Frage, ob man für den Schutz der Natur ist, keine Schweigedynamik entstehen. Da sind alle dafür. Hingegen kann sich an der Frage, welchen Stellenwert der Naturschutz im Vergleich zu anderen Zielen wie dem Wirtschaftswachstum haben sollte, durchaus eine Schweigespirale entzünden.

kognitive Dissonanz

Kognition ist ein uneinheitlich verwendeter Begriff und bezieht sich auf die Informationsverarbeitung des Menschen. Kognitionen beinhalten, was Menschen über sich und ihre Umwelt durch Wahrnehmung, Lernprozesse und Erinnerung denken, und beeinflussen wiederum die Gefühle.

Die meistens Menschen haben das Bedürfnis nach einem positiven Selbstbild, d.h. sich als vernünftig, moralisch etc. zu betrachten. Wenn ein Mensch eine Handlung durchführt, die dem positiven Selbstbild zuwiderläuft, gilt dies als kognitive Dissonanz. Grundsätzlich entsteht Dissonanz durch die Widersprüchlichkeit von zwei oder mehreren Gedanken. Dies führt zu einem Unbehagen und veranlasst Menschen, diesen negativen Gefühlszustand wieder zu verringern. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten: durch Veränderung des Verhaltens, um dieses mit der dissonanten Kognition zu vereinbaren; durch den Versuch das eigene Verhalten zu rechtfertigen, indem entweder eine der dissonanten Kognitionen verändert oder aber eine neue Kognition hinzugefügt wird. Leon Festinger (1957) erforschte als erster dieses Phänomen menschlichen Verhaltens und gilt als Begründer der Theorie der kognitiven Dissonanz.

Demoskopie

Unter Demoskopie versteht man die Erforschung der öffentlichen Meinung durch die repräsentative Befragung von Bevölkerungsgruppen. Sie dient der Ermittlung von Ansichten, Einstellungen, Stimmungen oder Wünschen in der Bevölkerung. Diese Befragungen können persönlich, telefonisch, schriftlich oder online erfolgen. Meistens werden einmalige Erhebungen zu einem bestimmten Thema durchgeführt (Querschnittsuntersuchungen). Werden Umfragen zu einem bestimmten Thema in zeitlichen Abständen wiederholt, so spricht man von Längsschnittstudien (Langzeituntersuchungen). Eine Sonderform bildet dabei die Form der Panel-Untersuchungen, wo dieselben Personen über einen längeren Zeitraum wiederholt befragt werden.
Probleme der Demoskopie betreffen einerseits die Repräsentativität, andererseits aber auch den Umstand, dass von Meinungen nicht unbedingt auf Handlungen und Verhaltensweisen Rückschlüsse gezogen werden können.
Die Demoskopie wird mittlerweile in vielen Bereichen der Gesellschaft angewandt wie beispielsweise in der politischen Meinungsforschung oder in der Markt- und Mediaforschung.

28. Juli 2009

Elisabeth Noelle (1916)

Filed under: Uncategorized — soziologie heute @ 12:18

Elisabeth Noelle-Neumann ist Gründerin des Instituts für Demoskopie Allensbach und emeritierte Universitätprofessorin für Publizistik an der Universität Mainz. Als Pionierin der Demoskopie in Deutschland ebnete sie den Weg für die heute allseits üblichen Repräsentativumfragen.  Ihr Buch über die Schweigespirale, welches in mehr als zwei Dutzend Sprachen übersetzt wurde, gilt bis heute als Klassiker.

Menschen empfinden Isolationsfurcht und haben eine natürliche Scheu, von ihrer Umgebung zurückgewiesen zu werden. Sie beobachten deshalb das Verhalten ihrer Umwelt und registrieren aufmerksam, welche Meinungen und Verhaltensweisen in der Öffentlichkeit gebilligtwerden und welche nicht. Da die meisten Menschen Isolation scheuen, neigen sie dazu, sich mit öffentlichen Äußerungen zurückzuhalten, wenn sie merken, dass sie mit ihrer Meinung empörten Widerspruch, Lachen, Verachtung oder ähnliche Isolationsdrohungen auf sich ziehen. Umgekehrt werden diejenigen, die mit ihrer Meinung Beifall finden, diese ohne Furcht und gegebenenfalls laut vertreten. Dadurch verstärken sie zugleich die Isolationsdrohung gegenüber den Anhängern der Gegenposition. Ein Spiralprozess setzt ein, der dazu führt, dass das eine Meinungslager immer lauter und selbstbewusster wird und das andere mehr oder weniger verstummt. Dieser Prozess ist nicht immer und überall anzutreffen, sondern nur bei Themen, die eine starke moralische Aufladung besitzen, also bei denen Ideologie und Emotionen im Spiel sind. Ohne moralische Begründung kommt der Prozess der öffentlichen Meinung nicht in Gang. Wer anders denkt, ist nicht dumm, sondern schlecht. Aus dem moralischen Element zieht die öffentliche Meinung ihre Kraft, ihre Isolationsdrohung, welche die Schweigespirale in Gang setzt.

2. Juni 2009

Green Care Leseprobe Juni 2009

Filed under: Uncategorized — soziologie heute @ 06:40
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Leseprobe Multikulti-Toleranz Juni 2009

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Wertewandel

Die Pluralisierung der Lebensverhältnisse, aber auch die sinkende Bedeutung festgefügter Weltbilder haben seit den 60er Jahren zu einer Diskussion über den Wertewandel geführt. Dabei wurde deutlich, dass gewisse Grundwerte im Katalog der Menschenrechte und auch in Verfassungen (Grundrechte) festgeschrieben und für den Zusammenhalt moderner Gesellschaften unverzichtbar sind. Am bekanntesten in der Diskussion ist Ronald Ingleharts These von einer „Zunahme postmaterialistischer Werte“ wie Naturerhaltung, Partizipation, Selbstfindung und Selbstbestimmung. Manche Autoren hingegen meinen eher, dass einzelne Werte einen anderen Stellenwert in der sozialen wie individuellen Ordnung erhalten.

Werte

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Ein Wert ist eine von der gesellschaftlichen Mehrheit geteilte Vorstellung darüber, was gut oder schlecht ist. Durch Werte erhalten wir Orientierungsmöglichkeiten, zugleich aber auch kulturelle, religiöse, ethische und soziale Leitbilder. Werte sind somit ethische Gebote, die das Handeln der Menschen leiten. Manche Werte können sich gegenseitig verstärken (Arbeit und materielle Sicherheit), andere können aber auch einander widersprechen.

13. Februar 2009

Quételet-Index

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Der Quételet-Index – auch Body-Mass-Index (BMI) genannt –  ist die Maßzahl für die Bewertung des Körpergewichts eines Menschen. Der BMI stellt einen groben Richtwert dar, ist altersabhängig und wird nach folgender Formel berechnet:

 

Gewicht in kg / Größe in m2

 

Soziologie – was ist das?

Die Soziologie ist noch eine relativ junge Wissenschaft, deren Bezeichnung auf den Franzosen Auguste Comte (1798 – 1857) zurückgeht. Das Wort Soziologie setzt sich aus dem lateinischen „socius“ (=Gefährte) und dem griechischen „lуgos“ (=Wort, Rede, Sinn…) zusammen. Als Wissenschaft entstand sie aus dem Bedürfnis, die Gesellschaft und ihre Phänomene nicht nur zu verstehen, sondern auch zu ändern. Aus den Geisteswissenschaften erwachsen stellt sie heute den Kernbereich der Sozialwissenschaften dar.

 

Soziologie befasst sich mit dem Ursprung, der Entwicklung und den Zusammenhängen der Gesellschaft und versucht, sie aus allgemeinen Prinzipien heraus zu erklären. Auf die enge Verknüpfung von Theorie und Praxis wird dabei besonderer Wert gelegt. Da die Gesellschaft und ihre Phänomene als vom Menschen geschaffen aufgefasst werden, kann die Gesellschaft und ihre Teilbereiche somit auch gestaltet und auf die menschlichen Bedürfnisse hin ausgerichtet werden.

 

Nach Max Weber – einem der deutschen Gründungsväter der Soziologie – ist Soziologie eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will. Vereinfacht ausgedrückt ist die Soziologie jene Wissenschaft, die menschliches Zusammenleben beobachtet, beschreibt, interpretiert, analysiert und aktiv mitgestalten will.

 

Ausgangspunkt ist dabei das menschliche Handeln und dessen Wechselwirkungen mit sozialen Prozessen und sozialen Strukturen. Alltägliche Interaktionen zwischen Personen im beruflichen wie im privaten Bereich sind dabei ebenso Gegenstand der Soziologie wie andererseits Gruppenprozesse, Abläufe in Organisationen, gesamtgesellschaftliche Verteilungsstrukturen oder globale Prozesse. Um zur Bewältigung konkreter sozialer Probleme beizutragen, analysiert und bewertet die Soziologie komplexe soziale Konstellationen auf allen gesellschaftlichen Ebenen mittels soziologischer Methoden und Theorien.

 

SoziologInnen fragen in ihrer Arbeit nach dem Sinn und den Strukturen sozialen Handelns, nach den damit verbundenen Werten und Normen; sie analysieren nicht nur die Gesellschaft als Ganzes, sondern auch ihre Teilbereiche wie soziale Systeme, Institutionen, Organisationen, Gruppen und auch den sozialen Wandel. Soziologen hinterfragen die Bedeutung und die Auswirkungen von sozialen Tatbeständen (z. B. Masseneuphorie,-panik, Sitten, öffentliche Meinung etc.) auf das soziale Zusammenleben.

 

Je nach Ausgangspunkt der Betrachtung unterteilt man die Soziologie in eine Mikro- und eine Makrosoziologie. Die Mikrosoziologie widmet sich den sozialen Beziehungen zwischen Personen und Gruppen. Die Schwerpunkte liegen dabei auf der Familie, den Sozialisationsprozessen und sozialen Netzwerken. Während die Mikrosoziologie das Verhältnis zwischen Akteur und Gesellschaft analysiert und auf Akteursebene ansetzt, erforscht die Makrosoziologie Gemeinsamkeiten und Gegensätze in großen sozialen Gebilden. Letztere befasst sich mit den Gesetzmäßigkeiten bei der Entwicklung und Veränderung gesellschaftlicher Phänomene, also beispielsweise der Entwicklung der Bevölkerung, der Industrie, eines gesellschaftlichen Systems oder Verbänden, größeren Organisationen u. dgl. Zum Unterschied von Gruppen auf der Mikroebene, wo sich das Handeln auf einzelne Akteure bezieht, entsprechen der Makroebene jene Gebilde, die einen stabilen und institutionalisierten Rahmen und eine von allen Teilnehmern gemeinsam anerkannte Vorstellung von der Ordnung des Verbandes aufweisen.

In unserer komplexen Gesellschaft funktioniert jedoch eine starre Trennung in Makro- und Mikrosoziologie nicht immer. Der Übergang ist oftmals fließend und so wird heute auch immer öfter von einer Makro-Mikro-Soziologie gesprochen.

 

Hinsichtlich der Themenbereiche unterscheidet man zwischen jenen, die für die Soziologie generelle Gültigkeit beanspruchen – diese werden der allgemeinen Soziologie zugerechnet – und solchen, die sich mit Teilbereichen/-systemen der Gesellschaft und mit deren Strukturen und Prozessen befassen (spezielle Soziologien).

 

Mit anderen Worten: das Grundwissen der SoziologInnen wird mit der Allgemeinen Soziologie abgedeckt. Hier geht es um Themen wie Sozialisation, soziale Interaktion, Gruppen, Rollen, sozialer Wandel, Mobilität, soziale Ungleichheit, Macht, Herrschaft, Schicht, Klasse, Elite usf.

Bei den speziellen Soziologien – man nennt sie auch „Bindestrich-Soziologien“ findet man einige, welche für große Bereiche stehen, andere wiederum erweisen sich als Spezialgebiete, die lediglich von wenigen SoziologInnen erforscht werden.

 

Im Gegensatz zu den Naturwissenschaften, wo „Gesetze“ aufgrund von Experimenten nachgewiesen werden können, haben die Sozialwissenschaften das große Problem, solche Experimente kaum bzw. nur unter großen Einschränkungen durchführen zu können. Der Untersuchungsgegenstand in der Soziologie ist Subjekt und Objekt zugleich, interagiert mit seiner komplexen Umwelt und kann nicht – wie für ein Experiment notwendig – isoliert betrachtet werden. Dasselbe trifft auch für den Untersuchenden zu. Die Soziologie wird aus diesem Grund immer auf Beobachtungen angewiesen sein. Die dafür angewandten Methoden können zwar weitgehend verfeinert werden, doch Prognosen – wie wir sie von den Naturwissenschaften her kennen – gehen lediglich mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit einher.

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