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9. Januar 2014

DEUTSCHE FORSCHUNG(SGEMEINSCHAFT) ODER GUTE ABSICHT ALLEIN REICHT NICHT…

von Richard Albrecht

Dass gut gemeint (zu) oft das Gegenteil von gut ist – meint auch hierzulande der Volksmund. Die aktuelle DFG-Variante lautet: GUTE ABSICHT ALLEIN REICHT NICHT. Sie findet sich unter dieser Überschrift im Forschungsbericht der „Inhaberin des Lehrstuhls für Allgemeine Pädagogik der Universität Bamberg“ im Vierteljahresmagazin „forschung“ 4/2013[1] der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Dort wird eine wichtige Dimension politischer Lernprozesse abgehandelt. Finanziell gefördert wurde das „Projekt“ von der DFG im „Einzelverfahren“.

DFG-Praxis: Exklusion

Dass die DFG und ich uns nicht besonders mögen ist so bekannt wie notorisch[2]. Was nicht nur, aber auch daran liegt, dass die DFG laut letztveröffentlichter Selbstdarstellung (in „forschung“ 4/2013: 32) „die größte Forschungsförderungsorganisation und die zentrale Selbstverwaltungsorganisation der Wissenschaft in Deutschland […] mit einem jährlichen Etat von inzwischen rund 2.7 Milliarden Euro“ ist. Und als habilitierter Sozialwissenschaftler gelte ich zwar seit fünfundzwanzig Jahren als professorabel – bin freilich in der DFG nicht einmal berechtigt, einen Förderungsantrag zu stellen. Denn bei der DFG sind – so die letzte nachgeschobene Begründung – „grundsätzlich“ nur die Wissenschaftler/innen für ein Forschungsstipendium „antragsberechtigt“, die „in das deutsche Wissenschaftssystem integriert sind“; und „integriert“ ist (nur) die oder der, so die DFG weiter, der oder die „unmittelbar vor der Antragstellung mindestens drei Jahre während der Promotion und/oder der Postdoc-Phase ununterbrochen wissenschaftlich in Deutschland gearbeitet hat.“[3] Das traf auf mich nicht zu: ich wurde „in Deutschland“, genauer der Alt-BRD, 1976 extern promoviert, 1989 extern habilitiert und war zu keinem Zeitpunkt drei Jahre lang an einer Universität „in Deutschland“ angestellt.

„Soziale Schließung“ als Ausschluss

Was die DFG seit einem Vierteljahrhundert gegen (Typen wie) mich praktiziert ist nichts Anderes als „soziale Schließung“ (Max Weber) und steuert (wie´s akademisch so höflich wie gestelzt heißt) den „Prozeß, durch den soziale Gemeinschaften Vorteile zu maximieren versuchen, indem sie den Zugang zu Privilegien und Erfolgschancen auf einen begrenzten Kreis von Auserwählten einschränken. Das führt dazu, dass bestimmte, äußerlich identifizierbare soziale und physische Merkmale als Rechtfertigungsgrund für den Ausschluss von Konkurrenten hervorgehoben werden. Weber nimmt an, dass praktisch jedes Gruppenmerkmal – Rasse, Sprache, soziale Herkunft, Abstammung – herausgegriffen werden kann, sofern es nur zum ›Monopolisieren bestimmter, und zwar der Regel nach ökonomischer Chancen‹ benützt werden kann. Die Monopolisierung richtet sich ›gegen andere Mitbewerber, welche durch ein gemeinsames positives oder negatives Merkmal gekennzeichnet sind, […] und das Ziel ist: in irgendeinem Umfang stets Schließung der betreffenden (sozialen und ökonomischen) Chancen gegen Außenstehende‹.“[4]

DFG-Theorie: Plädoyer für die „Anstrengung des Begriffs“

So gesehen, hat mich in gewisser Weise der Ende 2013 veröffentlichte Zwischenbericht aus der DFG-Forschungsförderung positiv überrascht. Dort wird nämlich eine aus der sozialistischen Arbeiterbildung der letztbeiden Jahrhunderte bekannte Praxis des politischen Lernens über das konkret-empirische „setting“ hinaus – was „Heranwachsende“ über „die Weltgesellschaft“ lernen können – für den „Bereich der politischen Bildung“ bestätigt und verallgemeinert: ohne grundlegende begriffliche Kenntnisse können neue und fremde Erfahrungen nicht verstanden werden; genauer: immer dann, wenn entsprechende „(Denk-) Kategorien fehlen“, können Menschen nicht „konstruktiv mit den erfahrenen Unterschieden umgehen“[5]. Mit anderen Worten: ohne die „Anstrengung des Begriffs“ (G.F.W. Hegel) sind mögliche produktive Lernprozesse grundsätzlich blockiert. Das freilich war (mir) auch schon vor der letzten DFG-„forschung“ nicht gänzlich unbekannt … [6]

[1] Dieses DFG-Heft stand bis 8.1.2014 noch n i c h t im Netz (8.1.2014); der entsprechende Link wäre nach der DFG-Systematik http://www.dfg.de/sites/flipbook/forschung/for_13_04/
[2] Richard Albrecht, DFG ODER DEUTSCHES FORSCHUNGSGULLY. Dokumentarischer Kurzbeitrag zur Wissenschaft im/als Bonzenpark: http://www.mops-block.de/rmk-tagebuch/157-dfg.html [26. Mai 2012]; bear-beitete und gekürzte Druckversion in: FORUM WISSENSCHAFT, 29 (2012) 4: 49-52; im Netz http://www.bdwi.de/forum/archiv/archiv/6570947.html
[3] DFG-Vordruck 1.04-10/09: 1; zitiert nach Richard Albrecht, GUTT-BYE, BUY GUTT: http://duckhome.de/tb/archives/8953-GUTT-BYE-BUY-GUTT.html
[4] Frank Parkin, Strategien sozialer Schliessung und Klassenbildung; in: Soziale Ungleichheiten. Soziale Welt, Sonderband 2. Hg. Reinhard Kreckel. Göttingen 1983: 121-136, zitiert 123
[5] „forschung“ 4/2013: 10-13
[6] Richard Albrecht, Von der Theorie des falschen Bewußtseins zur Praxis von Handlungsblockaden. Ein Bei-trag zur little ranged theory; in: soziologie heute, 6 (2013) 29: 32-33; erweitert in: FORUM WISSENSCHAFT, 30 (2013) 4: 49-51

29. Juli 2009

Idealtyp

Filed under: Uncategorized — soziologie heute @ 12:39
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Hierunter wird ein „reiner Typ” verstanden, welcher durch Isolierung bestimmter Merkmale eines sozialen Sachverhalts gewonnen wird. Die Merkmale sind reine Definition und nicht unbedingt wünschenswerte Eigenschaften.

(siehe auch: Max Weber – Idealtypen)

24. März 2009

Inhalt Heft 4 April 2009

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13. Februar 2009

Max Weber (1864-1920)

Filed under: Klassiker — soziologie heute @ 11:31
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weber

Für ihn ist die Soziologie eine „Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will“. Soziales Handeln ist nach Weber ein Handeln, welches sich dem Sinn nach auf das Verhalten anderer bezieht und daran in seinem Ablauf orientiert ist. Soziales Handeln ist wertrational, zweckrational, affektuell oder traditional bestimmt; empirisch trifft man jedoch fast nur auf Mischformen. Seine Begriffsdefinitionen haben großteils heute noch Geltung (Macht, Herrschaft, Idealtypus, Gesinnungs-/Verantwortungsethik…).

Soziologie – was ist das?

Die Soziologie ist noch eine relativ junge Wissenschaft, deren Bezeichnung auf den Franzosen Auguste Comte (1798 – 1857) zurückgeht. Das Wort Soziologie setzt sich aus dem lateinischen „socius“ (=Gefährte) und dem griechischen „lуgos“ (=Wort, Rede, Sinn…) zusammen. Als Wissenschaft entstand sie aus dem Bedürfnis, die Gesellschaft und ihre Phänomene nicht nur zu verstehen, sondern auch zu ändern. Aus den Geisteswissenschaften erwachsen stellt sie heute den Kernbereich der Sozialwissenschaften dar.

 

Soziologie befasst sich mit dem Ursprung, der Entwicklung und den Zusammenhängen der Gesellschaft und versucht, sie aus allgemeinen Prinzipien heraus zu erklären. Auf die enge Verknüpfung von Theorie und Praxis wird dabei besonderer Wert gelegt. Da die Gesellschaft und ihre Phänomene als vom Menschen geschaffen aufgefasst werden, kann die Gesellschaft und ihre Teilbereiche somit auch gestaltet und auf die menschlichen Bedürfnisse hin ausgerichtet werden.

 

Nach Max Weber – einem der deutschen Gründungsväter der Soziologie – ist Soziologie eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will. Vereinfacht ausgedrückt ist die Soziologie jene Wissenschaft, die menschliches Zusammenleben beobachtet, beschreibt, interpretiert, analysiert und aktiv mitgestalten will.

 

Ausgangspunkt ist dabei das menschliche Handeln und dessen Wechselwirkungen mit sozialen Prozessen und sozialen Strukturen. Alltägliche Interaktionen zwischen Personen im beruflichen wie im privaten Bereich sind dabei ebenso Gegenstand der Soziologie wie andererseits Gruppenprozesse, Abläufe in Organisationen, gesamtgesellschaftliche Verteilungsstrukturen oder globale Prozesse. Um zur Bewältigung konkreter sozialer Probleme beizutragen, analysiert und bewertet die Soziologie komplexe soziale Konstellationen auf allen gesellschaftlichen Ebenen mittels soziologischer Methoden und Theorien.

 

SoziologInnen fragen in ihrer Arbeit nach dem Sinn und den Strukturen sozialen Handelns, nach den damit verbundenen Werten und Normen; sie analysieren nicht nur die Gesellschaft als Ganzes, sondern auch ihre Teilbereiche wie soziale Systeme, Institutionen, Organisationen, Gruppen und auch den sozialen Wandel. Soziologen hinterfragen die Bedeutung und die Auswirkungen von sozialen Tatbeständen (z. B. Masseneuphorie,-panik, Sitten, öffentliche Meinung etc.) auf das soziale Zusammenleben.

 

Je nach Ausgangspunkt der Betrachtung unterteilt man die Soziologie in eine Mikro- und eine Makrosoziologie. Die Mikrosoziologie widmet sich den sozialen Beziehungen zwischen Personen und Gruppen. Die Schwerpunkte liegen dabei auf der Familie, den Sozialisationsprozessen und sozialen Netzwerken. Während die Mikrosoziologie das Verhältnis zwischen Akteur und Gesellschaft analysiert und auf Akteursebene ansetzt, erforscht die Makrosoziologie Gemeinsamkeiten und Gegensätze in großen sozialen Gebilden. Letztere befasst sich mit den Gesetzmäßigkeiten bei der Entwicklung und Veränderung gesellschaftlicher Phänomene, also beispielsweise der Entwicklung der Bevölkerung, der Industrie, eines gesellschaftlichen Systems oder Verbänden, größeren Organisationen u. dgl. Zum Unterschied von Gruppen auf der Mikroebene, wo sich das Handeln auf einzelne Akteure bezieht, entsprechen der Makroebene jene Gebilde, die einen stabilen und institutionalisierten Rahmen und eine von allen Teilnehmern gemeinsam anerkannte Vorstellung von der Ordnung des Verbandes aufweisen.

In unserer komplexen Gesellschaft funktioniert jedoch eine starre Trennung in Makro- und Mikrosoziologie nicht immer. Der Übergang ist oftmals fließend und so wird heute auch immer öfter von einer Makro-Mikro-Soziologie gesprochen.

 

Hinsichtlich der Themenbereiche unterscheidet man zwischen jenen, die für die Soziologie generelle Gültigkeit beanspruchen – diese werden der allgemeinen Soziologie zugerechnet – und solchen, die sich mit Teilbereichen/-systemen der Gesellschaft und mit deren Strukturen und Prozessen befassen (spezielle Soziologien).

 

Mit anderen Worten: das Grundwissen der SoziologInnen wird mit der Allgemeinen Soziologie abgedeckt. Hier geht es um Themen wie Sozialisation, soziale Interaktion, Gruppen, Rollen, sozialer Wandel, Mobilität, soziale Ungleichheit, Macht, Herrschaft, Schicht, Klasse, Elite usf.

Bei den speziellen Soziologien – man nennt sie auch „Bindestrich-Soziologien“ findet man einige, welche für große Bereiche stehen, andere wiederum erweisen sich als Spezialgebiete, die lediglich von wenigen SoziologInnen erforscht werden.

 

Im Gegensatz zu den Naturwissenschaften, wo „Gesetze“ aufgrund von Experimenten nachgewiesen werden können, haben die Sozialwissenschaften das große Problem, solche Experimente kaum bzw. nur unter großen Einschränkungen durchführen zu können. Der Untersuchungsgegenstand in der Soziologie ist Subjekt und Objekt zugleich, interagiert mit seiner komplexen Umwelt und kann nicht – wie für ein Experiment notwendig – isoliert betrachtet werden. Dasselbe trifft auch für den Untersuchenden zu. Die Soziologie wird aus diesem Grund immer auf Beobachtungen angewiesen sein. Die dafür angewandten Methoden können zwar weitgehend verfeinert werden, doch Prognosen – wie wir sie von den Naturwissenschaften her kennen – gehen lediglich mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit einher.

28. Dezember 2008

Typen legitimer Herrschaft bei Max Weber

Filed under: Soziologiewissen gerafft — soziologie heute @ 05:25
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Rational-legaler Herrschaftstyp
Die „reine“ Form der rational-legalen Herrschaft ist mit der Herrschaft der Bürokratie nahezu identisch. Sie legitimiert sich durch die Legalität ihrer Verhaltensweisen und gilt für alle Mitglieder des Herrschaftsverbandes. Das Recht gilt als „technischer Apparat“. Die Personen, die die Befehlsgewalt ausüben, werden aufgrund gesetzlich geregelter Verfahren ernannt oder gewählt.
Traditionaler Herrschaftstyp
Die traditionale Herrschaft kennzeichnet sich durch den Glauben an die Heiligkeit seit jeher vorhandener Ordnungen und Herrengewalten. Sowohl die Übereinstimmung mit traditionellen Normen und Werten als auch die persönliche Willkür des Herrschenden sind kennzeichnend für diesen Herrschaftstyp. Die „Untertanen“ gehorchen aus Loyalität oder Abhängigkeit gegenüber dem Herrn.
Charismatischer Herrschaftstyp
Der Anerkennung des Herrn liegt hier seine charismatische Qualifikation zu Grunde. Personen, die einem solchen Führer gehorchen, glauben an dessen außergewöhnliche Qualitäten. Beamte werden nicht aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation, sondern nach ihrer persönlichen Hingabe und Loyalität gegenüber dem Herrscher rekrutiert.

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